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Im Kinderzimmer

Wenn die Kinder das Haus verlassen, bleibt eine seltsame Leere in ihren Zimmern zurück. Man könnte Gästezimmer dort einrichten. Niemand müsste mehr auf der Couch übernachten. Aber wir haben nicht mehr so oft Gäste und die, die uns besuchen, schlafen wie wir am liebsten zu Hause.

Überhaupt scheint unser Haus auf einmal riesengroß. Der Kicker steht jetzt im Kinderzimmer: früher hatte er nur Platz im Atelier. Wie oft saß ich fluchend daneben am Zeichentisch: Hinaus mit der ganzen Bagage, schrie ich einmal. Mitten im Turnier.

     Lärmend machte sich die Kinderbande nach draußen. Im Zick-Zack-Rennen: bei der Terrasse raus, in den Garten, übern Zaun, bei den Nachbarn wieder rein.

Es gibt jetzt keine Rennen mehr im Haus, keine Burgen aus Sofakissen, keine Pokemén-Kartenspiele. Nachts tapsen keine Kinder zu uns ins Bett. Die Tochter ist nicht mehr sauer, dass wir sie nicht Ariella genannt haben.

     Es liegen keine Legosteine auf dem Flur, auf die wir nachts steigen und nicht einmal vor Schmerz aufschreien durften, weil wir sonst die Kinder geweckt hätten. Die vielen Jahre der Doppelbelastung Familie und Beruf sind vorbei und heuer werden wir Urlaub machen: außerhalb der Schulferien!

     Wenn das Festnetz-Telefon klingelt, ist es meist mein Sohn: er ist froh, dass wir nicht in die Stadt zurückgehen. Das ist meine Homebase, sagt er und dass er Eltern will, die er auf dem Festnetz anrufen kann, mit einer Nummer, die er auswendig weiß.

Still ist es geworden in unserem Haus.

Manchmal gehen wir Eltern in eines der Kinderzimmer. Wir sehen auf dieses Bild, das dort an der Wand hängt. Ganz nahe stehen wir beieinander und sehen, wie es einmal war.