Im Münchner Literaturbüro
Letzten Freitag, den 23. Oktober 2015, las Sabine Roidl.
Eigentlich ganz pfiffig, was Sabine Roidl bei ihrer Lesung machte, las sie doch keine ganze Geschichte, sondern stellte für diesmal nur das Personal vor, das sich in ihren Geschichten tummelt.
Und ihre Figuren sind zwar manchmal skurril, aber immer liebenswert. Zuerst las Sabine Roidl den Anfang ihres „Märchens“ über den lieben Otto, dem Kanalarbeiter, der das, was unten im Kanal so eklig stinkend neben einem schwimmt, lieber „Rosen“ nennen will und nie mehr wieder dieses hässliche Wort (Sch…) dafür verwenden möchte. Otto, der schon von Kindheit an keinen leichten Stand gegen die anderen hatte, schließt sich mit einem Kollegen Karl zusammen. (Ausnahmsweise verriet die Autorin hier, wie es weiter gehen soll, und leider wird es kein gutes Ende nehmen.)
Überzeugend verzahnt sie dabei das zugegeben wenig appetitliche Arbeitsumfeld der beiden mit einer Erzählweise, die sich gegen alle billigen balistischen Erwartungen sträubt. Das ‚Sonnenscheinchen‘ und ‚Krokodile in Florida‘ sind Blitzlichter aus der Kindheit der Ich-Erzählerin, aus der Sicht des kleinen Mädchens, das diese einmal war, oder wie sich diese Sicht ihr heute darstellt: Keine Zuckerguss-Kindheit, umso eindringlicher durch die durchgehaltene Erinnerungsperspektive zwischen damals und jetzt.
Zuletzt kamen die ersten Seiten von Sabine Roidls Jugendroman über Max und Maggy: Max, der am Tag seines Hauptschulabschlusses über die Beziehung seiner Eltern sinniert und Angst hat, dass seine erste große Liebe, Maggy, bald mit ihm Schluss macht. Adoleszenz zwischen Coolness und Scheu, zwischen Durchblick und Hilflosigkeit – und damit nicht nur für ein jugendliches Publikum interessant. Hoffentlich wird Sabine Roidl an weiteren Abenden die Geschichten weiterspinnen, andernfalls würde aus ‚pfiffig‘ (s.o.) ein ‚wie gemein, mitten drin ist Schluss …